In den 90ger Jahren verwandelte sich Gaming von einem Freizeithobby zu einem organisierten, professionellen Sport. Der eSport hat sich zu einer fast eine Milliarde teuren Branche gemausert, die Meisterschaften werden von Millionen Menschen live verfolgt. Und das Olympia-Debüt steht bereits am Horizont.
Während Deutschland beim eSport noch etwas hinterher hinkt, übertragen in den USA bereits alle großen Sportsender, darunter ESPN, TBS und Telemundo, sämtliche eSport-Turniere live. Über 600 Colleges und Universitäten bieten Stipendien für eSports-Studiengänge. Diese Fakten zeigen deutlich, dass eSport wesentlich mehr ist als ein harmloser Zeitvertreib für Spielefreaks.
Die Geschichte des eSport
eSport ist keine neue Erscheinung. Das erste offizielle Turnier fand im Oktober 1972 an der Universität von Stanford statt. Die Studenten spielten das Spiel Spacewar, der Gewinner bekam einen warmen Händedruck vom Dekan.
1980 zog die Space Invaders Championship über 10.000 Besucher an. Das lag vor allem an der Bekanntheit des Spiels, das zu diesem Zeitpunkt schon Kultstatus hatte. Der Gewinner bekam ein Jahresabo der Zeitschrift Rolling Stone überreicht.
In den 90ger Jahren begann das Internet zu einem Massenprodukt zu werden. Damit wurde weltweites, wettbewerbsfähiges Online-Gaming möglich. Spielehersteller wie Nintendo witterten einen neuen, großen Markt und begannen erstmals Weltmeisterschaften für Videospiele zu sponsern.
Weltweite Aufmerksamkeit erregte 1997 das Red Annihilation Turnier. Nicht weil so viele Menschen das Spiel Quake kannten. Nein, die Aufmerksamkeit galt dem ausgelobten Preis. Der Gewinner mit dem Pseudonym “Thresh” durfte mit einem waschechten Ferrari aus dem Besitz des Spieleentwicklers John Cormack nach Hause fahren!
Wenige Wochen später wurde die Cyberathlete Professional League gegründet, eine Liga nur für eSportler. Auch dort wurden Turniere veranstaltet, die Sieger sahen Preisgelder von bis zu 15.000 Dollar.
Zur Jahrtausendwende wurden große internationale Turniere wie die World Cyber Games und die Electronic Sports World Cup ins Leben gerufen, gefolgt von der Major League Gaming im Jahr 2002, die heute die aktuell größte eSport-Liga ist.
Die heutigen Turniere und Preisgelder lassen sogar große “normale” Sportveranstaltungen wie die Fußball-WM und den amerikanischen Superbowl arm und blass aussehen. Der Gewinner des Turniers “The International” im Jahr 2017 erhielt atemberaubende 24,6 Millionen US-Dollar!
Welche Spiele werden gespielt?
Im Jahr 2019 betreten erstmals das extrem beliebte Fortnite und Battlegrounds 2019 die eSport-Arenen. Alte Klassiker wie DOTA2 und League of Legends sind noch immer auf den Turnieren vertreten, verlieren aber langsam ihre Anziehungskraft.
Beliebt sind auch die Ego-Shooter Call of Duty und Counterstrike.
Vor allem in Südkorea wird gerne Clash Royle gespielt, ein Echtzeit-Strategiespiel, das nur für Smartphones erhältlich ist.
Spielehersteller Activision, von dem der Shooter Call of Duty stammt, hat mit Overwatch noch ein weiteres eSport-Eisen im Feuer. Activision gilt als einer der größten Förderer des eSport und experimentiert gerne mit Turnier-Formaten. Deshalb wurden Overwatch-Turniere wie traditionelle Sportveranstaltungen aufgezogen, die es Unternehmen und Einzelpersonen ermöglichen, Teams in bestimmten Städten zu besitzen.
Gebräuchliche Begriffe im eSport
Wie jeder Sport hat auch der eSport seine Fachbegriffe, die man wissen muss. Die Sportarena, üblicherweise eine große Halle, wird als MOBA (Multiplayer Online Battle Arena) bezeichnet.
Ego-Shooter werden mit FPS (First Person Shooter) abgekürzt. Das verwirrt Unwissende, denn beim Spielen wird oft auch davon geredet, wie viele Bilder pro Sekunde die Grafikkarte berechnen kann. Auch dafür wird FPS (Frames per Second) als Abkürzung benutzt.
Strategiespiele tragen die Abkürzung RTS (Real Time Strategy).
Wie kann ich eSportler werden?
Der Einstieg in den eSport ist weder schwierig, noch teuer. Obwohl die Hardware-Industrie ständig für High-End-Computer wirbt, genügt oft ein billiges Basis-System oder eine Spielekonsole, um an den Turnieren teilzunehmen.
Viele Spieler leben in Gegenden mit schlechter Internetverbindung. Andere Spieler in Ländern wie Deutschland oder den USA akzeptieren das und schrauben deshalb die Leistung ihrer Hardware ein wenig zurück.
Auch die Turnierveranstalter stellen nur Mindestanforderungen. Sie möchten, dass so viele Menschen wie möglich am eSport teilnehmen. Wären die Hardware-Anforderungen zu groß, könnten sich nur die Reichen eine Teilnahme leisten.
Schön am eSport ist, dass es eine riesige Anzahl an Spielen gibt. Wer keine Ego-Shooter mag, nimmt einfach an Turnieren für Strategiespiele oder Jump and Runs teil.
Die Schattenseite des eSport
Selbsternannte Experten, die selbst noch nie einen Joystick in der Hand hielten, verteufeln den eSport gerne in den Massenmedien. Jeder kennt die Horrorgeschichte von dem Typen, der kein richtiges Leben hatte, sämtliche sozialen Kontakte verlor und am Ende vor seinem PC verhungerte, weil er sämtliche Mahlzeiten dem Spielen opferte.
Ein Spieler, der mehr als 20 Stunden pro Woche vor dem Computer sitzt und trainiert, wird gerne als spielsüchtig bezeichnet. Aber ist das wirklich Sucht?
Ein Profi-Fußballer beim FC Bayern muss auch täglich mehrere Stunden trainieren. Er steht möglicherweise öfter auf dem Platz als ein eSportler vor dem Rechner sitzt. Aber niemand würde auf die Idee kommen, ihn als fußball-süchtig zu bezeichnen. Im Gegenteil, der Fußballer wird gelobt, weil er hart an seiner Karriere arbeitet.
Beim eSport ist das zur Zeit noch anders. Ältere Menschen sehen Videospiele nur als Zeitvertreib, nicht als echten Sport. Sie können sich nicht vorstellen, dass man mit diesem “Hobby” Millionen verdienen kann. Selbst wenn man keine Turniere gewinnt.
Viele eSportler betreiben einen Kanal auf YouTube und werden dort zu Werbeikonen der Spieleindustrie. Die weniger erfolgreichen verdienen Geld mit Werbeeinblendungen oder Produktempfehlungen.
Um eSport zu verstehen, muss man die Tätigkeit des Spielers als echten Beruf sehen. Als Karriere im Spitzensport. Wer das schafft, wird nie wieder einen Computerspieler als süchtig bezeichnen.
Wie werde ich erfolgreich im eSport?
Wie bei jeder Sportart zählen auch im eSport am Ende drei Dinge: Wissen, Erfahrung und das Training.
Weil nicht der Spieler selbst, sondern seine Figur kämpft, muss er die Eigenschaften und Aufgaben seiner Figur kennen. Das gilt vor allem beim Spielen in Teams.
Eine große, kräftige Figur wird gerne als eine Art Panzer vorausgeschickt. Sie hält einigen Schaden aus und dient anderen Figuren als Deckung. Weil sie vorausgeht, bestimmt sie wohin sich das gesamte Team bewegt.
Derjenige mit der größten Waffe läuft an zweiter Stelle. Erscheint ein größeres Monster, springt er aus seiner Deckung hervor und tötet es.
Zauberer halten sich in der Regel im Hintergrund und greifen erst dann ein, wenn der Kämpfer droht gegen das Monster zu verlieren. In vielen Spielern sind die Zauberer gleichzeitig Heiler und helfen ihren Verbündeten mit Heiltränken und speziellen Zaubersprüchen.
Es gibt haufenweise Informationen zu allen erdenklichen Figuren im Internet, die gelesen und verstanden werden müssen.
Allerdings sollte man sich auch ansehen, wie die besten Spieler ihre Figuren führen. Deshalb verfolgen professionelle Spieler jedes Turnier auf Twitch, in denen ihre eigene Figur vorkommt.
Zuletzt muss das, was man über seine Figur gelernt hat, beispielsweise eine spezielle Kampftechnik, im Training erlernt werden. Der Spieler muss Erfahrung mit der Figur sammeln, bevor er im Wettkampf antritt.
Traut man sich einen Wettkampf zu, sollte man sich nicht gleich bei den größten Turnieren bewerben. Kein Spitzensportler hat in der Olympiade angefangen. Üblicherweise arbeitet sich der Videospiel-Athlet von den kleineren zu den größeren Wettbewerben hoch. Es gleicht dem Aufstieg von der Kreisliga in die Bundesliga.
Auf das Preisgeld sollte man erst später schauen. Ein gewonnenes Zeitschriften-Abo in einem regionalen Turnier ist besser als ein nicht gewonnener Ferrari in der Weltmeisterschaft.
Welche eSport-Turniere sind fernsehtauglich?
Wer den eSport nur als Zuschauer kennen lernen möchte, sollte sich auf Spiele festlegen, in denen nicht zu viele Figuren vorkommen. Sie sind schwer zu beobachten, oft fehlt auch das Fachwissen über einzelne Figuren, um Spielzüge richtig beurteilen zu können.
Auch Ego-Shooter sind schwer zu betrachten, weil die spezielle Kameraperspektive das Zuschauen erschwert.
Zu den wohnzimmertauglichen Turnieren für Einsteiger zählen:
Die Rocket League – Hier geht es in erster Linie um die Geschicklichkeit im Umgang mit einem Raketen-Auto. Aus Zuschauer-Sicht ist es ein wenig wie Fußball, aber mit weniger Spielern.
Street Fighter – Kampfspiele sind Allgemein gut zu betrachten. Die Street Fighter-Serie zeichnet sich durch große, gut erkennbare Figuren aus, die Perspektive ist meistens statisch. Der Sieger ist nicht schwer zu finden, es ist die Figur, die nach Ende des Kampfes noch auf den Beinen steht.
Star Craft 2 – Hier wird der Gegner mit Hilfe spezieller Strategien besiegt. Obwohl sich viele Figuren gleichzeitig auf dem Bildschirm tummeln, sind die Kämpfe bei diesem Spiel klar und übersichtlich.
Warum ist eSport so beliebt?
In der heutigen Spielkultur geht es nicht nur um das Spielen, es geht auch darum anderen Menschen beim Spielen zuzusehen. Diejenigen, die spielen, versuchen sich einen guten Ruf aufzubauen. Die besten Spieler werden bejubelt wie Rockstars.
Sie werden auch so bezahlt. In den Anfangsjahren freuten sich eSpieler noch darüber ein Jahresabo einer Spielezeitschrift gewonnen zu haben. Heute sind Gewinne von zehn Millionen Dollar und mehr keine Seltenheit. Die Champions haben Sponsoren, die nicht nur die Reise zum Wettbewerb sondern auch den Aufenthalt in den Präsidentensuiten der weltbesten Hotels bezahlen.
Die Aussicht auf ein solches Leben bringt immer mehr Spieler zum eSport. Alle wollen gewinnen und vom Spielen leben.
Hinzu kommt, dass eSport-Veranstaltungen einfach durchzuführen sind. Während Fußballspieler ins Stadion gehen müssen, sitzt der eSpieler zu Hause vor dem PC und loggt sich über das Internet in den Wettbewerb ein. Nur die Champions werden in der Regel dazu verpflichtet zu einem Veranstaltungsort zu reisen. Das ermöglicht es den Veranstaltern die Hallen zu füllen und hohe Eintrittsgelder zu kassieren. Abgesehen davon baden sich die Helden des eSport gerne im Applaus der Menge.
Zuschauer können die eSport-Wettbewerbe über Dienste wie Twitch live im Internet verfolgen. Im Jahr 2017 verzeichnete Twitch, das von Amazon aufgekauft wurde, 15 Millionen Besucher täglich.
Im Durchschnitt spielen Profis etwa 25 Stunden pro Woche. Weitere 25 Stunden verbringen sie mit anderen Aktivitäten, beispielsweise die Streams auf Twitch verfolgen.
eSport verkauft den Traum Profi zu werden. 83 Prozent der Mädchen und 95 Prozent der Jungen, die regelmäßig spielen, träumen von einer Karriere als Profi-Gamer. Doch der Wettbewerb ist hart. Sie müssen gegen hunderte Millionen Spielern auf der ganzen Welt antreten, um den Siegertitel – und damit das Leben eines Champions – zu gewinnen.